Wirtschafts- & Finanzbildung in der Praxis

Wirtschafts- & Finanzbildung in der Praxis

Last Updated on 2024-08-16
Mag. Manfred Kainz

Ich hatte im abgelaufenen Schuljahr die Freude, in verschiedenen Schulen mit Jugendlichen zum Thema „Wirtschafts- und Finanzethik“ zu diskutieren. Türöffner waren immer engagierte Lehrkräfte, interessierte Direktorinnen und Direktoren und unterstützende Elternvereine. Der Stundenrahmen war der Ethik-, Deutsch- oder Geografie- & wirtschaftliche Bildung-Unterricht. Es waren Schulklassen in Bundes(real)gymnasien, HTL und HAK. Und ja, es war wirklich eine Freude, denn die Vormittage waren gefüllt mit interessanten Diskussionen mit jungen Menschen zu Themen, die uns alle betreffen.

Denn sie mündeten immer in das Thema des Dilemmas des „ethisch sein“ Sollens & Wollens im Wirtschaften, Konsumieren und Geldanlegen in der Theorie einerseits, und der Praxis andererseits. Sei es beim umweltbewusst & sozial einkaufen oder beim „nachhaltig“ sparen. Ausgangspunkt war unser Vorsatz: Wir wollen/sollen „grün“ handeln, ja natürlich… aber dann kommen die Details.

Konsumdilemma

Wir diskutierten Beispiele, welche (nicht nur) junge Menschen betreffen. Stichwort Handy: Was brauchen wir, um ein neues zu bekommen? Die Kids sind sich durchaus bewusst, dass es dafür nicht nur Taschengeld braucht, sondern auch Rohstoffe und deren Abbau, Produktionsfabriken und Lieferketten von Asien bis nach Österreich. Aber – als Gedankenexperiment – würde man freiwillig mehr bezahlen – und wie viel mehr? – wenn man dafür die Gewissheit hätte, dass das neue Handy „zu 100 Prozent aus Österreich“ ist?

Beispiel neue Sneakers & T-Shirts: Natürlich ist man beim Shoppen von Schuhen & Outfit gegen Kinderarbeit. Aber wie weit ist man bereit, mehr zu bezahlen, um ethisch wirklich unbedenkliche Kleidung aus der Shopping Mall zu tragen?

Positiv ist in beiden Beispielen, dass die Jugend „refurbished“ Handys und gebrauchter Kleidung offen gegenübersteht. Da gibt es Potenzial.

Beispiel Energiesparen: Sollen wir doch alle… aber das Internet und Kryptowährungen, die viele Jugendliche interessieren, verbrauchten so viel Strom wie ein ganzer Staat. Ist uns das bei unserer 24-Stunden-Internet/Handy-Präsenz egal? Reicht es, wenn die Eltern weniger Autofahren, wir weniger duschen und die Schülerinnen und Schüler nach Unterrichtsende in der Klasse das Licht abdrehen?

Ethisches Geld?

Viele (junge) Menschen wollen ihr Erspartes „ethisch & sinnvoll“ anlegen. Aber wie? Einige Jugendliche haben schon von den SDGs (Sustainable Development Goals) der UN gehört. Und fragen sich z.B. bei Fonds: Soll ich mein Geld in „bereits gute“ Unternehmen geben – oder in „noch nicht gute“, damit die bald besser werden?

Beispiel „nachhaltige“ Fonds: Klingen gut… aber was soll man „hineinnehmen“? Was sind gute Auswahlkriterien? Welche „Ausschlusskriterien“ (also Tabu-Branchen) gibt es? Sind Rüstungsunternehmen „pfui“ oder – leider – profitabel? Und was, wenn man mit einem „normalen“ ETF (Exchange Traded Funds: bei der Jugend beliebt) kurzfristig mehr Rendite macht als mit „ethischem“ Sparen?

Beispiel ESG (Environment, Social & Good Governance): Was ist wichtiger? Dass die Unternehmen „grün“, sozial oder transparent sind? Idealerweise natürlich alles, aber was hat für mich als junger Geldanleger Priorität?

Was tun?

Die Jugendlichen hatten in den Diskussionen durchaus Vorstellungen, was der/die Einzelne tun kann: Das reicht von Wiederverwenden über Aktionen bis hin zu bewusstem Engagement & Anlegen in „gute“ Projekte und Initiativen. Profis würden es Crowd Investing und (Social) Impact Investing nennen.

Im Herbst sind weitere Schulstunden geplant, ich freue mich darauf.

Wenn auch Sie Interesse haben, bitte gerne melden: kainz.communication@gmail.com