Rauch für Gutachter-Fortbildung bei Post Covid und ME/CFS

Rauch für Gutachter-Fortbildung bei Post Covid und ME/CFS

Last Updated on 2024-08-16
sn.at / APA, 09.08.2024

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) hat nach Kritik von Patientenvertretern, wonach teils fehlerhafte Gutachten bei PVA oder ÖGK zu sozialen Problemen von Post-Covid- und ME/CFS-Patienten führen, die Notwendigkeit weiterer Aus- und Fortbildungen der als Gutachter tätigen Ärzte bejaht. Es werde “fortlaufend daran gearbeitet”, sagte Rauch zur APA. Sehr zufrieden ist er mit dem Projekt “Gesund aus der Krise”, das für Jugendliche mit psychischen Problemen geschaffen wurde.

Post-Covid bzw. ME/CFS sei ja “kein triviales Krankheitsbild”, sagte der Minister. Daher müsse man die gutachterlich tätigen Ärztinnen und Ärzte, die etwa die Arbeitsfähigkeit der Betroffenen beurteilen, laufend schulen und sensibilisieren. “Die müssen auch wissen, wie damit umzugehen ist.” Die ersten Schritte seien bereits gemacht, so würden bereits Schulungen angeboten und bei ME/CFS-Betroffenen auch Hausbesuche durchgeführt, sagte Rauch.

Mitte der Woche hatten die Österreichische Gesellschaft für ME/CFS sowie die We&Me-Stiftung und auch Rauchs Vor-Vorgänger im Gesundheitsministerium, Rudolf Anschober, auf Probleme in diesem Bereich hingewiesen. “Nach Schilderung von Betroffenen gibt es Situationen, die nicht haltbar sind”, verwies etwa Anschober auf oftmalige Berichte von Patienten, denen trotz schwerer Symptomatik bis hin zur stark beeinträchtigenden körperlichen Belastungs-Erholungsstörung PEM (Post-Exertional Malaise) teils Arbeitsfähigkeit attestiert wird.

Zu Vorschlägen, Fortbildungen für Ärzte auch verpflichtend zu machen, äußerte sich Rauch zurückhaltend. “Das muss die Ärzteschaft, die Ärztekammer regeln.” Die Kammer versuche ja bereits jetzt schon, im eigenen Bereich einen Fokus darauf zu legen. Es sei jedenfalls “unbestritten”, dass man betreffend die Fortbildung noch mehr tun müsse.

Gleichzeitig verwies der Gesundheitsminister auf die seinerseits bereits gesetzten Schritte: Derzeit laufe ja die Ausschreibung für das geplante Referenzzentrum für Postvirale Syndrome, das im Herbst starten soll. Und: “Wir haben in der Gesundheitsreform den Bundesländern für die Krankenanstalten Mittel bereitgestellt, um dort auch durchaus Long-Covid-Ambulanzen und Anlaufstellen einzurichten. Das Geld ist da. Das ist dann aber die Verantwortung der Bundesländer.” Aktuell wisse er aber noch nichts über allfällige derartige Schritte seitens der Länder.

Die Situation der schwer von Post-Covid bzw. ME/CFS Betroffenen sei ihm klar, betonte Rauch: “Ich kenne viele, auch mir geschilderte Einzelbeispiele von Spießroutenläufen, die die Leute absolvieren müssen.” Es gelte, dies hintanzuhalten und klarere Anlaufstellen zu schaffen, so Rauch. Auch verwies er auf die von der Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM), Susanne Rabady, mitverfasste S1-Leitlinie für das Management postviraler Zustände am Beispiel Post-COVID-19, die als Orientierung für Arztpraxen gedacht ist. Die Botschaft laute: “Ja, wir haben ein Defizit, ja, es wird daran gearbeitet, das auch abzubauen.” Und es gelte auch ein “Ja” zu mehr Forschung, so der Minister.

Hochzufrieden zeigte sich Rauch mit den bisherigen Ergebnissen des im März 2022 ins Leben gerufenen Projekts “Gesund aus der Krise” (https://gesundausderkrise.at/) zur Förderung der mentalen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen. “Wir haben mit ‘Gesund aus der Krise’ jetzt wirklich ein Erfolgsprojekt aufgesetzt.” In dessen Rahmen werden Burschen und Mädchen zwischen null und 21 Jahren (vor dem 22. Geburtstag) in ganz Österreich kostenlos betreut. Ziel ist es, den Belastungen, die einerseits durch die Covid-19-Pandemie verursacht wurden, aber auch durch weitere gegenwärtige Krisen, entgegenzuwirken. Angeboten werden 15 Beratungs- bzw. Behandlungseinheiten, durchgeführt werden diese u.a. von klinischen Psychologen und Psychologinnen sowie Psychotherapeuten und Psychotherapeutinnen mit einem Schwerpunkt auf Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

Erst kürzlich habe man exakte Auswertungen über die Erfolgsbilanz vorgelegt, betonte Rauch. Bei rund 95 Prozent der Jugendlichen habe man gute Fortschritte erzielt – “das wirkt”. Das Projekt sei mit einem großen Sample von 7.000 Personen von der Uni Innsbruck evaluiert worden. “Inzwischen wird das kopiert von anderen europäischen Staaten”, betonte der Ressortchef, das Projekt müsse auch weitergeführt werden.

Bezüglich der Corona-Impfung, zu deren baldigen Auffrischung einige Experten aufgrund der sich bereits etwas früher als 2023 aufbauenden Covid-Welle geraten haben, sagte Rauch, es sei ausreichend Impfstoff vorhanden. Das Nationale Impfgremium empfehle die Auffrischung grundsätzlich im Herbst. Die Abwicklung wird wieder über die Hausärzte laufen, aber es “wird in einigen Bundesländern auch zusätzlich die Möglichkeit geben, Impfstraßen einzurichten”. Ob neben den bestellten und bereits verfügbaren mRNA-Impfstoff von Pfizer/BioNTech auch ein Protein-Impfstoff (Novavax) erhältlich sein wird, ist noch offen. Der Hersteller Novavax hatte bereits am 24. Juni bekannt gegeben, um Zulassung bei der europäischen Arzneimittelbehörde EMA angesucht zu haben. Eine Zulassung durch die EU-Behörde liegt aber bisher noch nicht vor. Ob weitere Impfstoffe bestellt werden, hänge von eben dieser EMA-Entscheidung ab, hieß es aus Rauchs Büro.

Im “Kurier” (Donnerstag-Ausgabe) sagte Rauch, gefragt nach Experten, die auf ein frühes Einsetzen der Covid-Welle hinwiesen: “Ich sehe keine Coronawelle. Beim Abwassermonitoring ist seit zwei Wochen die Tendenz schon wieder sinkend. Dass es wieder Wellen geben wird, ist unbestritten. Ich halte aber das krampfhafte Hinstarren auf Corona für einen Fehler.”

Laut den aktuellen Abwasserdaten gab es zwar nach einem wochenlangen moderaten Anstieg der Werte zwischenzeitlich einen sichtbaren Rückgang. Die jüngsten Messdaten deuten aber wieder darauf hin, dass sich das Virusgeschehen neuerlich leicht erhöht haben dürfte.

Zu den Verhandlungen zwischen Ärztekammer und Sozialversicherung zu den Covid-Tests, für die Patienten seit April auch beim Arzt (auch im Verdachtsfall) zahlen müssen, da der Bund die Kostenübernahme eingestellt hat, sagte Rauch, dies sei Sache der Verhandlungspartner. Kammer und Versicherung brüten seit Monaten über eine Lösung der Kostenübernahme, ein Ergebnis liegt nach wie vor nicht vor. “Sie werden sich einigen müssen”, sagte Rauch dazu, er habe keine direkte Einflussmöglichkeit, denn die Sozialversicherung sei ja selbstverwaltet – “da habe ich kein Durchgriffsrecht”.

Quelle: https://www.sn.at/panorama/oesterreich/rauch-gutachter-fortbildung-post-covid-me-cfs-163192798